Digitale Souveränität ist kein Nice-to-have – sondern Überlebensstrategie

von

Was haben pharmazeutische Unternehmen und deutsche Behörden gemeinsam?
Mehr als uns lieb ist.

Beide hängen in fragmentierten Systemlandschaften fest.
Beide jonglieren mit sensiblen Daten.
Beide sind von ihren Tools oft mehr abhängig, als ihnen bewusst ist.

Im ChaosHackerTalk mit Björn Beck, Leiter des Innovationslabors des Landes Baden-Württemberg, haben wir genau darüber gesprochen:
Warum es kein Fortschritt ist, alte Prozesse einfach zu digitalisieren.
Warum eine E-Akte weniger kann als eine Papierakte.
Und warum wir dringend aufhören müssen, Digitalisierung als PowerPoint-Projekt zu behandeln.


1. Digitalisierung ≠ PDF

Viele „digitalen“ Projekte sind Pseudolösungen.
Das DMS ersetzt den Aktenschrank – aber die Prozesse bleiben genauso stumpf, langsam und unflexibel wie vorher.

Und dann wundern wir uns, warum Automatisierung, KI und moderne Schnittstellen nicht skalieren.
Dabei ist das Problem:

Die einzige API zwischen unseren Systemen sind wir selbst.
Menschen klicken Daten von einem System ins andere – und sind damit die Middleware.

Das ist weder effizient noch sicher. Und es ist verdammt weit weg von echter Digitalisierung.


2. Das eigentliche Problem: fehlende Ownership

Egal ob Verwaltung oder Life Science Unternehmen – wir haben die Kontrolle über unsere digitalen Infrastrukturen abgegeben.

👎 Daten liegen in geschlossenen Systemen.
👎 Hersteller blockieren offene Schnittstellen.
👎 Prozesse sind gebaut um Tools – nicht für Nutzer*innen.

F13, das Projekt von Björn Beck, ist ein Versuch, das zu durchbrechen:
Eine offene Plattform, die Verwaltung selbstbestimmt, modular und anschlussfähig macht.

Nicht, um alles selber zu bauen.
Sondern um endlich mit den Innovativen zusammenarbeiten zu können – statt von einem Hersteller abhängig zu sein.


3. Warum das auch die Life Science Branche angeht

In der Biotech- und Pharmabranche sehe ich dasselbe Spiel:
❗ 23 Systeme, keine Schnittstellen, jeder kämpft um sein Königreich.
❗ Produktions- und Laborsysteme, die wie Inseln funktionieren.
❗ IT-Projekte, die mehr Compliance-Checkliste als Gamechanger sind.

Und dann soll da plötzlich KI drauf?
Oder Prozessautomation?

Nein.
Nicht solange wir nicht unsere Hausaufgaben machen.
Datenhoheit. Stack-Ownership. Interoperabilität.
Das sind die echten Grundlagen.


4. Der Preis der Abhängigkeit

Dass wir in deutschen Behörden über Cloud Only-Angebote diskutieren, macht mich nervös.
Dass Firmen ihre komplette IT in die Hände eines Hyperscalers legen – auch.

Wer Microsoft- oder Google-Only denkt, verliert mehr als nur Flexibilität.
Er verliert die Fähigkeit, den Stecker zu ziehen, wenn’s ernst wird.

Wenn du keine Exit-Strategie hast, hast du keine Souveränität. Punkt.


5. Was jetzt?

Ich glaube, wir brauchen kein weiteres „Digitalstrategiepapier“.
Wir brauchen Mut, endlich anders zu bauen:

  • Offen statt proprietär
  • Modular statt monolithisch
  • Verantwortlich statt bequem

Und das ist keine rein technische Entscheidung.
Sondern eine politische.
Eine unternehmerische.
Und am Ende: eine Frage der Haltung.


🎧 Das Gespräch mit Björn Beck hier anhören oder anschauen:
https://youtu.be/JzZHOn9eZBU

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