Digitales Mindset in der Lifescience-Branche: Warum Technik nur die halbe Miete ist
Ich erinnere mich an einen Moment: Ein Manager in einem Pharmaunternehmen sagt mir beiläufig –
„Ja, wir testen gerade, ob wir Validierung auf Cloud‑Services machen können. Aber ich glaube nicht, dass der Regulator das mitmacht.“
Und ich dachte: Warum sprechen wir von „ob“, nicht von „wie“?
Warum ist das Risiko immer in der Technik – und nicht in unserem Denken?
Genau da liegt der Punkt: Digitalisierung ist kein Tool-Thema, sondern ein Mindset-Thema.
1. Die logische Illusion: Technik ersetzt Haltung
Viele glauben: „Wenn wir dieses System einsetzen, sind wir digital.“
Bullshit.
Tools verändern Prozesse. Aber sie formen keine Kultur.
Und ohne Kultur – kein Wandel, sondern nur digitaler Zement.
Ein digitales Mindset heißt:
- Fehler zulassen (im Rahmen), lernen, anpassen
- Querschnittsdenken statt Silos
- Transparenz, Ownership, Kommunikation auf Augenhöhe
Solange Abteilungen wie QM, IT, F&E oder Produktion nicht miteinander denken, wird jede Digitalisierung zum Flickwerk.
2. GxP, Datenintegrität & Langzeitverantwortung
In der Life-Science-Welt ist „irgendwie speichern“ keine Option.
GxP-Vorschriften verlangen, dass Daten über Jahrzehnte korrekt, nachvollziehbar und unverfälscht bleiben.
Das heißt: Audit Trails, Versionierung, Validierung, Metadaten, Migration über Technologiezyklen hinweg.
Wenn du in R&D schon Daten verlierst (z. B. durch fehlende Metadaten oder inkonsistente Formate), nutzt dir später keine KI mehr.
Auch Validierung darf kein Papierkrieg bleiben. Digitale Validierung kann Wegbereiter sein – erfordert aber neue Skills und eine andere Denkweise.
3. Chancen & Risiken: KI und Automatisierung im regulierten Umfeld
Chancen:
- Abweichungen frühzeitig erkennen
- Risiken vorhersagen
- Repetitive Arbeit automatisieren
- Dokumente oder Reports schneller vorbereiten
Risiken:
- Black‑Box-Modelle ohne Erklärbarkeit
- Validierung von KI-Systemen über Jahre hinweg
- Bias und Daten-Drift
- Verantwortung bei Fehlentscheidungen
Der Schlüssel: Transparenz und Governance.
4. Warum Transformation oft scheitert
Die Wahrheit: 98 % der Digitalisierungsprojekte scheitern nicht an Technik.
Sie scheitern an Kultur, Kommunikation und Führung.
- Manager, die Digitalisierung nur befehlen, aber nicht selbst vorleben
- Abteilungen, die nicht miteinander reden
- Keine Fehlerkultur
- Keine Zeit oder Räume für Experimente
Digitales Mindset ist wie Muskeln trainieren: Wer nicht übt, bleibt schwach – und wird überrollt.
5. Schritte für ein digitales Mindset in Life Sciences
| Phase | Fokus | Maßnahmen |
|---|---|---|
| Klarheit schaffen | Vision & Ziel | Was heißt „digital“ in deinem Unternehmen? |
| Reifegrad prüfen | Status-Check | Prozesse, Skills, Infrastruktur, Haltung analysieren |
| Pilot mit Governance | Experimentieren | Kleiner Use Case mit klarer Kontrolle |
| Skalieren | Lernen & Ausrollen | Erfahrungen adaptieren und verbreitern |
| Nachhaltigkeit sichern | Monitoring | Systeme warten, Auditfähigkeit sichern, Teams weiterbilden |
🎙 Mehr dazu im Podcast
Hier geht’s zur passenden Folge des ChaosHackerTalk: https://youtu.be/OD2X-CE_DzI
Fazit
- Technik löst kein Mindset-Problem.
- Datenverantwortung ist Pflicht, nicht Kür.
- KI ist ein Werkzeug – kein Zauberstab.
- Kultur, Führung, Governance sind die echten Hebel.
- Lieber klein starten und wachsen, statt groß scheitern.
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