GxP & IT-Praxistipps für den Mittelstand | Blog Christof Layher

Zwischen Spaltmaß und Spieltrieb: Warum die Life-Science-Branche ein neues digitales Mindset braucht

Geschrieben von Christof Layher | Oct 14, 2025 7:15:36 AM

Alle reden über Künstliche Intelligenz – aber nur wenige über echte Anwendungsfälle.
In der Pharmabranche bedeutet das: Viele PowerPoint-Slides, viele Buzzwords, wenig Praxis.

Doch es gibt sie: echte Use Cases.
Einer davon: Mit Elektronenmikroskopie wird untersucht, ob ein Viruspartikel gefüllt oder leer ist – eine entscheidende Frage für die Qualität moderner Gentherapien.
Für das menschliche Auge sind die Bilder nur grauer Matsch. Deep Learning hingegen kann Muster erkennen, die wir nicht sehen können.

Genau darum ging es im Gespräch mit Carsten Jasper: Wie man aus „unbrauchbaren“ Daten plötzlich etwas macht, das GMP-tauglich wird.

1. Forschung statt IT-Projekt

Viele Digitalprojekte in Pharma scheitern, weil sie wie ein SAP-Rollout gedacht werden.
„Lastenheft, Pflichtenheft, fertig.“
Doch echte Innovation funktioniert nicht so.
Es braucht einen forschenden Ansatz: iterativ ausprobieren, lernen, anpassen.
Das ist unbequem – aber ohne geht’s nicht.

2. Kritisches Denken ≠ Nörgeln

Wir Deutschen sind Weltmeister darin, über Spaltmaße zu diskutieren.
Das ist aber kein Critical Thinking.
Kritisches Denken heißt: Hypothesen hinterfragen, Annahmen prüfen, Risiken benennen – und trotzdem weitergehen.
Gerade bei KI ist das überlebenswichtig:
Statt Goldstandards hinterherzulaufen, mit synthetischen Daten arbeiten und überlegen, wie man sie validieren kann.

3. Risikomanagement ist mehr als Excel

Viele Firmen verwechseln Risikomanagement mit Tabellenkosmetik.
Aber „eine 17 oder doch eine 23?“ bringt uns nicht weiter.
Gutes Risikomanagement heißt: gesunder Menschenverstand, dokumentierte Überlegungen und flexible Ansätze.
Gerade bei KI-Projekten sind Freitext-Risikoanalysen oft hilfreicher als starre Methoden wie FMEA.

4. Lernen neu denken

Auch hier zeigt sich das alte Muster: SOP-Klickschulungen, jährliche Pflichttrainings, „Save-my-ass“-Dokumentationen.
Aber echtes Wissen entsteht nur durch Ausprobieren.
Carsten Jasper nennt es konstruktivistisch:
Wissen anwenden, reflektieren, wiederholen.
Nicht „Wissen auf Vorrat bunkern“, sondern kontinuierlich lernen – am besten spielerisch.

5. Ein digitales Mindset heißt: Appetit auf Neues

Am Ende geht es nicht um Tools oder Methoden.
Es geht um Haltung.
Ein digitales Mindset bedeutet Appetit auf Neues, keine Angst vor Unsicherheit – und Bock, Dinge auszuprobieren.
Ohne diesen Spieltrieb werden Unternehmen in einer komplexen Welt langfristig abgehängt.

🎥 Das ganze Gespräch mit Carsten Jasper kannst du dir hier anschauen:
👉 https://youtu.be/P9pterj6huo

💬 Jetzt interessiert mich:
Wie geht ihr in euren Projekten mit Unsicherheit um?
Brauchen wir in Pharma wirklich mehr Mut zum Scheitern – oder ist das eine gefährliche Illusion?
Diskussion gerne auf LinkedIn.